Die Leichtigkeit des Seins.

Minimalismus im Studio? Mein persönlicher Ansatz – Teil Zwei: That’s in my bag…

Wir gehen auf Reisen, wir gehen ins Studio, wir sind mobil. Doch je älter wir werden, desto weniger möchten wir «schleppen». Mir geht es jedenfalls so und ich fluche über jedes Kilo zu viel! Unser Komfort liegt eindeutig in der Leichtigkeit des Seins. Ich versuche diese für mich zu definieren… Viel Spass beim Lesen.

«That’s in my bag» beginnt eigentlich bei der Taschen-, Kofferauswahl. Schwamm drüber. Ich nehme was passt und nicht zu schwer ist. Das ist keine Schwarze Magie. Ich preise hier keine Produkte dieser Rubrik an und distanziere mich von jeglichen Amazon-Monetisierungsangeboten. Wenn ihr einen guten Reisebegleiter habt, der das teure Hab und Gut sicher von A nach B bringt – go for it. Do not buy a new one!

Es gibt sehr viele Videos im Netz über reduzierte Setups. Cockoo hat mal ein über einstündiges Video auf YouTube gepostet, in dem er sein Live-Setup präsentierte und ausführlich begründete. Ich finde, das ist eine tolle Sache, denn wir brauchen auch nicht super viel. Wir meinen es nur ;-)

Aus meiner Sicht ist es wichtig, stets fokussiert zu bleiben und folgende Fragen an sich selbst vorab zu stellen: Was ist die musikalische Idee? Wie komme ich dahin? Was brauche ich dazu? Auf das «Was brauche ich dazu?» möchte ich heute eingehen. Hier drei kurze und schnelle Beispiele aus meinem gegenwärtigen Setup. Grob als Anregung vorgeführt.

Minimal

Hier ist die Idee, so wenig wie möglich mitzunehmen. Was nicht mit ist, wird nicht ersetzt. Es gibt keine grossen Spielräume. Man hat, was man hat und performt damit. Die musikalische Idee wird auf diese Art und Weise von Anfang an geformt oder wiedergegeben. Es gibt Aufnahmegeräte, wie das Zoom H4n, die auch als Interface eingesetzt werden können. Solch eines kommt mit. Immer! Ein kleiner Standalone-Sampler oder Synth, Kopfhörer samt Kabeln. Oder ganz einfach dein Computer. That’s it!

Klein, leicht – Das reicht.

Kleine Performances und Sessions sind einfach vorauszuplanen. Im Prinzip braucht es nicht viel. Vorausgesetzt man hat sich darüber Gedanken gemacht, denn das ist der erste Schritt. Wem es nicht liegt voraus zu planen, der entscheide weise spontan. Hat man mehrere Hardware-Controller entscheidet man sich für ein Kompromiss aus Funktionalität und Grösse und Gewicht. Auf dem unteren Foto habe ich alle meine gegenwärtigen Controller (abgesehen vom UF 5 Oktaven Keyboard) abgelichtet. Spontan entscheide ich mich für das Launchpad Pro von Novation. Als mobile Soundkarte nehme ich das Apogee One. Die kleine Zoom nutze ich normalerweise fürs iPad und das Zoom H4n samt Tripod für Aussen- oder spontane Aufnahmen ohne Computer. Die grosse Akai EIE Pro (nicht auf dem Bild) lasse ich zu Hause. Kabel und Stromadapter sind nicht mit eingezählt. Dieses Setup braucht eigentlich nur zwei USB-Kabel, vielleicht vier bis sechs gute Audiokabel und eine gute Stromsteckerleiste. Das ist eigentlich alles. Bei Kopfhörern entscheide ich mich meistens für die Grossen. Irgendwie mag ich das besser so ;-) Mixer und Speaker sind natürlich noch eine andere Sache. Ich versuche die Mitnahme möglichst zu vermeiden. Mein Rücken dankt und die Clubs und Musikerfreude sind meistens gut ausgestattet. Will man seine Pedale als Hardware mit einsetzten, kommt eine weitere Tasche dazu. Cool ist ein Delay und Reverb im Send/Return-Kanal. Oder ausgefallene Granulareffekte in Kombination mit Delay und/oder Reverb. Wer es mag, nimmt vielleicht noch einen Kassetten- oder MiniDisc-Recorder mit oder ein externes Instrument. Aber dann sollte es auch schon wirklich reichen. Mein Punkt ist: Was auch immer verwendet wird, ob Modular, Drum-Machines, Gitarre ect. weniger ist mehr und wahrhaftig – auf der Bühne oder bei einer gemeinsamen Session – man hat schon genug zu tun mit dem, was man hat! Wichtig ist noch, dass das Setup vor allem, für eventuelle Improvisationen, flexibel genug ist. Im Studio darf diese Denkweise genauso gelten. Ich denke einfach, es muss nicht ausarten.

Maximal – Dein Rücken dankt dir später!

Eines meiner kommenden Projekte findet in Winterthur statt. Ich treffe einen Klavierspieler, den ich aufnehmen werde. Seine Räumlichkeiten sind akustisch schön, ganz zu schwiegen von der inspirierenden Optik. Unser gemeinsames Projekt sieht vor, das Klavier aufzunehmen und es akustisch zu «verfremden». Live oder post. Ich habe vorab geklärt, welches Aufnahmeequipment wir benutzen werden. Was möglich ist und wieviel es brauchen wird. Das «wieviel es brauchen wird», ist immer eine Daumenansage, aber hier liegt man oftmals erfahrungstechnisch richtig. Weniger ist mehr, mit einem As im Ärmel! So, die Mikrophone fürs Klavier sind in Winterthur, Kabel und Mischpult ebenfalls. Da ich sowohl mit dem Computer als auch mit meinen Pedalen arbeiten möchte, habe ich für mich direkt eine Vorab-Auswahl getroffen und in Erfahrung gebracht, was es sonst noch an interessanten Hardware-Geräten vor Ort gibt. Aha, ein Lexicon-Reverb. Das könnte ich eventuell benützen. Top, somit kommt mein Mac samt kompletter interner Peripherie mit. Wahrscheinlich werde ich keinen Midi-Controller mitnehmen, denn die Aufnahmen kann ich mit der Maus oder dem Pad steuern. Im Falle einer «Live-Verfremdung», damit sind generell Dornes und andere elektronische Spielereien gemeint, käme eventuell für die Steuerung mein Ableton Push mit. Für die Audioaufnahmen kommt meine EIE Pro Soundkarte samt den Beyerdynamic DT 990 Pro Kopfhörern mit. Mein Padelboard bestücke ich mit dem Strymon Zuma für die Stromversorgung der Pedale, Deco, El Capistan, Memory Man Deluxe ’90er Version, Zoom MS-70, Neunaber Reverberator, Superego Plus, einem BitCrusher und Alesis AirFX mit dem Kaoss Pad 3. Die Reihenfolge steht noch nicht fest. Entweder in Serie oder parallel. Das wird reichen. Vielleicht sind es sogar zu viele Pedale, aber das eine oder andere könnte das besagte As im Ärmel sein (MS-70). Falls nicht, ich habe ja noch meinen Computer dabei… Und nun ja – Alles andere ergibt sich… Das Gewicht ist hier enorm höher und man hat viel mehr zu tragen. Ich habe das kurz vorhin zusammengestellt und bin auf easy mehrere schwere Kilo zusammengekommen. Vor allem mit dem Pedalboard. Vielleicht überdenke ich das Ganze nochmals. Ich habe ja noch etwas Zeit…!


Fazit:

Kurzum, wieviel brachen wir, um akzeptabel performen zu können? Wieviel brauchen, um im eigenen Studio gute Arbeit zu verrichten? Ich denke im Grossen und Ganzen braucht es wirklich nicht viel. Was wir aber brauchen, ist die Erkenntnis, was und wieviel wir wirklich brauchen. Und diese kommt mit der Erfahrung. Und die Erfahrung kommt mit der Zeit. Jeder wird zum «Meister» mit der Zeit und findet für sich heraus, was er nötig hat und wieviel. Noch besser gesagt, man wird zum «Meister der Kompromisse». Und das ist für mich hier die Essenz. Was und wie viel man sich an Equipment leistet oder leisten kann, ist nicht das Thema. Wenn die musikalische Idee mit einem Gerät/Plug-in umgesetzt werden kann. Soll es so sein. Also, Gedankenstützen sind gut, tausende von Videos sind gut, Empfehlungen sind gut – Selbst herausfinden ist der einzige und richtige Weg!

Nächste Woche geht es weiter mit: I failed!