ZOIA, ZOIA, ZOIA! Dieses Pedal hat mich gefesselt. Es ist das anspruchsvollste Pedal meiner Sammlung. Doch ich denke, ich habs verstanden. Auch wenn es nach wie vor unübersichtlich sein kann, klanglich ist es definitiv eine wahre und saftige Zuckerpeitsche. Eine Matrix, 5 Reihen, 40 Druckknöpfe. Was kann das?
Die kanadische Schmiede hat mit ZOIA eine grosse Zauberwaffe im Kleinformat herausgebracht, die zwar nicht das Pedalboard ersetzen kann, dazu wären es sicherlich zwei Exemplare von nötig, es aber sicherlich enorm minimieren kann. Je nach Bedarf. Was drin steckt ist Goldwert. Klangtüftler können sich hier verwirklichen, Patchsammler höhst erfreuen und Audiophile voll auf ihre Kosten kommen. Doch was oder wer ist Zoia? Nun, die eine Spur führt ins Griechische: Der Name Zoia leitet sich vom Wort Zoi ab, was auf Griechisch «Leben» bedeutet. Die andere Spur führt zu Zoia Horn (1918-2014). Sie war als Kämpferin und Aktivistin für die geistige Freiheit bekannt, die sich einst weigerte, gegen die Gönner der Bibliothek (library patrons) auszusagen, was eine Gewissenssache war. Nach ihrem trotzigen Akt des Patriotismus im Dienst an ihren Mitbürgern sprach sich Zoia Horn weiterhin gegen eine Überanstrengung der Regierung, unethische Gesetze (d. H. Patriot Act) und alle Versuche aus, die Meinungs- und Meinungsfreiheit sowie die öffentliche Debatte zu untergraben.
Eigentlich sehr seltsam ein Pedal so zu benennen! Doch das ZOIA ist eine Plattform, die eine umfangreiche Bibliothek von Bausteinmodulen und die Möglichkeit bietet, diese Module auf unbegrenzte Weise zu verbinden, um Synthesizer, Instrumente und Effekte zu erstellen. Es ist eine Art von intellektueller Freiheit in einer Box, ein Werkzeugkasten mit Konzepten und Ideen für Menschen, die ihre eigenen Effekte und Synthesizer ohne Einschränkungen erstellen möchten. Oder neues Leben erschaffen möchten. Oder wie Empress sagte: «Es ist das, was passieren, wenn man Pure Data oder Max / MSP vom Computer auf ein Pedal verlagern würde.» Klingt ziemlich fortgeschritten, oder? Das tut es. Aber Empress hat versucht, all diese immense Leistung in eine kompakte Oberfläche umzuwandeln, die die Benutzer von Tastatur und Maus fernhält und mit ZOIA allein oder zusammen mit anderen Musikgeräten interagiert. Doch schauen wir uns zwei Youtube Videos an. Das erste ist ausführlich genug, das Zweite ist doppelt so lang! Viel Spass…
Gehäuse/Optik
Das Pedal kommt in einem schwarz-metallic lackierten Aluminiumgehäuse mit den Maßen 145 x 95 x 67 mm, auf dessen Oberseite sich drei Fußschalter, ein Endlos-Scrollrad und satte 44 Gummibuttons tummeln, die sogar LED-beleuchtet sind. Am rechten Rand unter dem Scrollrad sitzt ein OLED-Display mit den Maßen 2,6 x 1,5 cm, das erstaunlich viele Infos bietet, was allerdings auf Kosten der Schriftgröße geht. Stirnseitig sind alle Anschlüsse versammelt. Hier zeigen sich Stereo In- und Outputs in Form von je zwei 6,3 mm Klinkenanschlüssen. Mittig ist der Anschluss für das optional erhältliche Netzteil platziert, das 9 Volt und mindestens 300 mA bereitstellen muss. Batteriebetrieb wird nicht unterstützt. Neben der Stromversorgung wartet ein Micro-SD Karten-Slot und jeweils eine MIDI In- und eine MIDI Out-Buchse, die in Ermangelung des Platzes für Miniklinkenstecker ausgelegt wurden. Aber keine Sorge, entsprechende Adapter für die MIDI-Verwendung liegen bei. Rechts außen findet man zur zusätzlichen Steuerung des Zoia noch einen 6,3 mm Eingang für ein optionales Expressionpedal. Der Boden ist mit vier Schrauben sicher am Gehäuse arretiert und mit vier Gummifüßen bestückt.

Bedienung
Da das Zoia ohne Software-Editor kommt, erlauben die Bedienelemente der Oberfläche alle Eingriffe und das Editieren. Einen On/Off-Button sucht man vergeblich, denn das Pedal aktiviert sich automatisch durch das Einstöpseln des Netzteils. Nach einem Bootvorgang von ca. 5 Sekunden ist es betriebsbereit und leuchtet in den schillerndsten Farben. Das Display zeigt dabei zum einen Page- und Presetnummer, den Presetnamen und die Prozessorauslastung, wobei die Presetnummer so groß erscheint, dass sie auch im Stehen gut erkennbar ist.
Zum Durchscrollen der insgesamt 64 Presets, hier “Patches” genannt, kann man das Endlosrad links oben verwenden und nach Finden des gewünschten Patches die Wahl durch Drücken bestätigen. Ab Werk sind die Plätze 0-59 mit überschreibbaren Factory-Presets belegt und die Slots 60-63 frei, wobei jedes Patch aus 64 Pages besteht, die nochmal individuell benannt werden können.
Parameter werden ebenfalls durch das Drehrad eingestellt, wobei Herunterdrücken und Drehen oder das Drehen bei gleichzeitig gedrückter Shift-Taste das Finetuning der Parameter erlaubt.
Für den Livebetrieb ist der Presetwechsel auch über die drei Fußschalter möglich. Der mittlere erlaubt es, steigend durch die Presets zu steppen, wohingegen das Drücken von Scroll und Select zusammen die Presets nach unten schaltet. Hat man seinen Wunschsound gefunden, bestätigt man dies durch Drücken des Select-Tasters. Auch ein Bankmodus ist möglich und erlaubt das schnelle Wechseln zwischen drei verschiedenen Patches.
Das Deaktivieren des Zoia wird durch den Bypass-Fußschalter ermöglicht. Die vier Kunststoffknöpfe über dem Select-Schalter leuchten im Bypassmode rot und wechseln im aktivierten Zustand auf grün.
Die Kunststoffknöpfe teilen sich in zwei Felder auf. Zum einen zeigen sich links außen die vier Utility-Buttons zum Wechseln der Page sowie für die Shift- (auch als Shift-Lock Funktion belegbar) und Zurück-Funktion.
Die 40 Knöpfe im Hauptfeld bilden im Normalzustand die belegbaren Module, auf die wir weiter unten eingehen werden, haben jedoch eine Doppelfunktion, die mit der Shift-Taste aktiviert wird:
Die Taster der obere Zeile werden so zu Funktionstastern, einem Move-Button zum Verschieben der Module sowie zu Copy-, Edit- und Delete-Buttons. Delete löscht bzw. hebt sowohl Module als auch Verbindungen auf. Der Star-Button erlaubt es, einzelne Parameter quasi als Favoriten hervorzuheben und damit einen schnelleren Zugriff zu gewähren. Das Auge steht für den View-Button und lässt z.B. die Verbindungen im Display erkennen.
Die Diskette steht natürlich für die Preset-Speicherfunktion und der Würfel zeigt die Randomize-Funktion an, bei der Parameter oder Verbindungen zufällig verändert werden. Alle Blöcke sind auch mit dem kompletten Alphabet und mit Zahlen belegt, um die selbst-kreierten Presets zu benennen. In der letzten Zeile schließlich gibt es die Undo-Funktion, den Help-Button, einen Backspace-Taster und den Konfigurationsknopf.

Erstellen eigener Patches:
Das Zoia präsentiert sich, wenn man selbst Presets erstellen will, quasi als unbeschriebenes Blatt, auf dem weder die Verbindungen noch die Effekte oder Sonstiges voreingestellt sind. Insofern erinnert der Aufbau an Hardware-Modeller wie z.B. das AXE-FX, das ebenfalls mit einer Grid-Ansicht ausgestattet ist. Wie bei diesem gilt es zu Beginn, Effekte oder andere Module auszuwählen und diese mit virtuellen “Patchkabeln” zu verbinden.
Um ein eigenes Patch zu kreieren, wählt man einen leeren Preset-Platz und drückt einen der 40 frei belegbaren Knöpfe des Hauptbedienfeldes. Im Display zeigen sich nun diverse Module, die ich auf die Buttons legen kann:
– interface modules: Hier wird die Hardware-Verbindung zu den externen Geräten bestimmt, wie z.B. Audio Inputs, MIDI, Fuß- oder Expression-Pedale
– audio modules: In dieser Kategorie befinden sich die typischen Modularsynth-Module wie Oszillatoren, VCA (voltage controlled amplifier), diverse Filter u.v.m.
– control modules: Hierunter versteht man Module, die automatisch Parameterwerte oder Control-Voltage-Signale (CV) beeinflussen oder generieren, wie z.B. Sequenzer, LFOs oder ADSRs.
– analysis modules: Diese Module analysieren Audiosignale und können als CVV Signale aussenden und damit Parameter auf Basis der Analyse verändern. effect modules: Diese entsprechen den klassischen Gitarren-Multieffektblöcken, wie z.B. diversen Delays, Reverbs, Overdrives und Distortions, Fuzz, Kompressoren oder Gates.
Das Erstellen eigener Patches macht grossen Spass. Ich empfehle diese Webpage für Patches, um das ZOIA richtig aufleben zu lassen. Ich selbst habe neulich ein Golden Ratio-Delay-Patch hochgeladen, den «Goldfinger», welches auf vier unterschiedlichen Delay-Zeiten zweier Stereo-Delays basiert. Diese sind frei miteinander kombinierbar. Erstellt für Bass/Gitarre. Funktioniert auch wunderbar mit Synths etc. Hier kannst Du es gratis herunterladen und tüfteln. Du musst dich lediglich im Patchstorage anmelden. Viel Spass ;-) https://patchstorage.com/goldfinger-golden-ratio/
Achtung! Das ZOIA-Manual ist etwas rudimentär. Als Starthilfe empfehle ich dieses Buch als PDF. Es kostet eigentlich nur eine Tasse Kaffee und hilft enorm viel beim Start! Ich bekomme nüschst für dies Kaufempfehlung und freue mich, wenn ich hier weiterhelfen darf ;-)
https://www.synthdawg.com/product-page/the-zoia-notebook
Achtung Nr.2! Das grosse Rädchen kann durch den enormen Gebrauch vielleicht wackelig werden. Ich rate hierzu einen Minicontroller zur Entlastung. Ihr dankt mir später ;-)
FAZIT: Das Empress Effects Zoia ist ein extrem vielseitiges und flexibles Effektgerät bzw. Modularsynth. Die Möglichkeiten sind schier uferlos und stehen vom Einsatz als simpler Multieffekt bis hin zu den abgefahrensten Synthi und Special FX-Bereichen mit komplexen Routings offen. Wer eine schnelle und einfach zu bedienende Preset-Schleuder mit vielleicht noch tollen Overdrives sucht, ist hier sicherlich fehl am Platz und hätte mit dem Zoia auch zweifelsohne eine zu überdimensionierte Einheit. Auch die anspruchsvolle Bedienung und das Fehlen eines Editors machen den Gebrauch vor allem für User, die noch nie etwas von LFOs, Parallelrouting o.ä. gehört haben, anfangs etwas unbequem. Wer jedoch den Anspruch hat, selbst zu gestalten und auch bereits beim Programmieren der Sounds maximale Kreativität an den Tag legen will, findet hier eine tolle und offene Spielwiese mit einer extrem hohen Klangqualität, die alleine schon den Preis rechtfertigt. Kopfhörer auf, ferne Welten ganz nahe!
Quellen: Youtube, Bestguitareffects.com, Bonedo.de