Musikproduktion mit iPad? Dank visionären Soft- und Hardware-Ingenieuren ist es heutzutage möglich mit einem iPad fundierte Musik zu machen. Anhand von paar Beispielen tauche ich erneut mit dir in diese Welt ein auf der Suche nach der perfekten Integrationslösung im hybriden System.

Gutes Neues! Das ganze Jahr diskutierten wir beim Cocktail mit kompostierbaren Strohalm, woran wir letzten Endes untergehen würden – am ökologischen Kollaps, an falscher Ernährung, der schlechten Regierung, am Personalmangel, an den Coronafolgen oder am Krieg, der sich in den Köpfen und auf dem Planeten ausbreitete oder eher an einem spontanen Meteoreinschlag? Doch neben all der ganzen Schwarzmalerei gibt es sehr viel Positives, das jeden Tag passiert. Wenn man es will, eines davon ist sicherlich die enorme und gravierende Entwicklung der Technologie rundum das iPad samt seiner rasant steigenden Musikproduktionsmöglichkeit. Vor zwei Jahren schrieb ich:
«Seit 2011 hat sich der Markt rundum die mobile Musikproduktion rasant entwickelt. Die Apps werden ausgeklügelter und die Hardware leistungsfähiger. Man munkelte lauthals, das iPad ersetzt den Laptop. Das ist bis heute noch nicht ganz eingetroffen, wird aber wahrscheinlich in den kommenden Jahren so sein. Ist das gut, fragt man sich? Nun ja, ich behaupte mal, allein in der Musikproduktion, erleben wir mit den Apps, dank den neuartigen Oberflächen, die uns zum Umdenken anregen, neue Aha-Erlebnisse, die wir vergleichsweise mit dem vertrauten Computer so nicht hätten. So gesehen, ja -Das iPad ist für die Musikproduktion geeignet.» So weit bin ich vor ca. zwei Jahren in meinem ersten Beitrag zum Thema iPad gekommen. Den Einstieg in diese Welt könnt ihr hier nachlesen: All you needis… iPad. Doch wie geht es nun weiter?
Die Reise beginnt.
2019 begann ich verstärkt mit dem iPad zu arbeiten. Ich suchte nach Wegen, denn einen passenden Weg muss es geben, dachte ich mir. Das sogenannte «geschlossene System» (nachlesen hier: All you needis… iPad) war weniger mein Weg, also begann ich mit dem «hybriden System» zu experimentieren. Bedeutet das iPad (oder iPhone) als Teil eines grösseren Setups zu integrieren. In meinem Fall war es das Effekte-Pedalboard. Ich hatte stets das Gefühl das iPad ist schon toll und gut, kommt aber an meine Effekte-Pedale klanglich jedoch noch nicht heran. Doch die iPad-Welt hat inzwischen vieles zu bieten. Und so suchte ich nach einer Integrationslösung, um das Beste der jeweiligen Welten miteinander zu vereinen. Am besten und einfachsten wäre es gewesen das Audio ausschliesslich über die USB-Anschlüsse zu halten ohne weitere Audiokabel, aber damals waren die Geräte in der gewünschten Grösse (so klein, gut und erschwinglich wie möglich) rar und man musste viel umdenken und ausprobieren.
Mein Anspruch ist nach wie vor recht hoch: Die Lösung darf so klein, funktionierend und erschwinglich sein wie möglich. Der allgemeine Focus liegt vor allem auf Mobilität ohne viel Aufwand und unnötigem Kabelsalat. Spoiler: Drei Jahre später und ich sehe die Reise immer noch nicht als beendet. Ich habe ein leichtes Gefühl einem Gespenst nachzujagen…
Achtung, der Text könnte an manchen Stellen etwas schwierig zum Nachvollziehen sein, wenn man Tests gleicher Art selbst nicht gemacht hat. Der Beitrag ist zeitlich chronologisch aufgebaut und beginnt mit den ersten Tests am Pedalboard, geht weiter und thematisiert kurz die Synthesizer und endet mit dem Eurorack. Falls dich ausschliesslich das Thema rundum das Eurorack interessiert, so empfehle ich den direkten Shortcut.
Getestete Geräte:
- iPad Mini 2 USB-A
- iPad Mini 6 USB-C
- Zoom U-22 (funktioniert bedingt)
- Zoom H1n (funktioniert gut)
- Zoom H5 (funktioniert gut)
- iConnctivity Audio 4c (funktioniert gut)
- Line 6 Helix Stomp (funktioniert gut)
- FIIO K5 (funktioniert bedingt)
- Elektron Digitone (funktioniert gut)
- Teenage Engineering OP-1 Field (funktioniert bedingt)
- Synthstorm Deluge (funktioniert bedingt)
- 1010 Music Blackbox (funktioniert nicht)
- 1010 Music Bluebox (funktioniert nicht)
- Strymon AA.1
- Audio Damage USB Audio Interface ADM09 (funktioniert bedingt)
Pedalboard.
Als beste Option entpuppte sich für mich der parallele Signalweg. Bedeutet, auf dem Pedalboard startete ich mit einem seriellen Signalweg von zwei bis vier Effekten bis ich zum Mixer kam, der den Signalweg in zwei bis drei parallele Wege aufteilte und wieder zusammenführte (nachlesen hier: Evolution des Mixers auf dem Pedalboard), um mit weiteren Effekte-Pedalen den Sound in stereo zu manipulieren. Einen der parallelen Wege verwendete ich oft für die Performance mit dem iPad. Ich suchte nach einer mobilen und günstigen Lösung und fand das Audiointerface Zoom U-22. Der Anschluss an das iPad erfolgte über das USB-A-Kabel, Audio ging aus dem Kopfhöreranschluss/Line-out des Zoom U-22. Ich verwendete diese Signalwege in mono und setzte meistens noch ein cooles Pedal zur Klangfarbe hinterher, um in den Mixer zurück zu gehen. Das ganze System klang so homogen und funktionierte bis auf die zunehmend auftretenden Aussetzer des Audiointerface wunderbar und nebengeräuschfrei. Doch die Aussetzer häuften sich zunehmend und ich trennte mich von der Idee die Zoom U-Reihe weiter zu erforschen. Zu dem Zeitpunkt besass ich das Zoom H5 und das funktionierte optimal. Der einzige Nachteil war, dass ich das H5 bereits als Aufnahmegerät verwendete und nicht als Audiointerface, das mit seinen Massen eh keinen Platz mehr auf dem Pedalboard hatte. Ok, was nun?
Die Masse eines Pedalsboards geben den Spielraum frei. Dies habe ich mir zur Prämisse gemacht. So viel und nicht mehr. Nach dem Umdenken kam ich auf die Idee die Line 6 HX Stomp auszuprobieren. Die HX hatte ich eh auf dem Pedalboard und könnte sie zum Audiointerface mit Re-Amp-Funktion umfunktionieren, dache ich. Das funktionierte ausgezeichnet und ist für alle Minimalisten eine optimale Lösung. Nur, aus irgendeinem Grund wurde ich mit der HX nicht warm und suchte weiter. Nach einpaar wenigen Wochen im Herbst 2020 fragte ich mich, warum nicht einen Kopfhörerverstärker mit USB-Anschluss auszuprobieren. Ich kam auf den FiiO K5 Pro ESS. Dieses Gerät schenkte meinem iPad Mini 2, das ich damals verwendete, erstaunlicher Weise den nötigen Headroom, den ich so sehr vermisste. Der Kasten ist zugegeben kantig und recht sperrig auf dem Pedalboard, doch ich fand eine mobile Lösung. Problem, der Signalweg über USB geht ausschliesslich in eine Richtung. Das bedeutet, man bedient das iPad signalausgehend, in dem man zum Beispiel einen Synth spielt und das iPad nicht als Effekte-Prozessor verwendet (was man ja ursprünglich wollte: Sound rein ins iPad, manipulieren und wieder herausschicken). Zusammen in Kombination mit der HX (iPad angeschlossen an die HX über USB, Audio raus ins FIIO) oder Zoom U-22 kam der Headroom schön. Ich machte paar Tests auf einem Mini-Pedalboard und hatte Spass bis ich Anfang 2021 die HX verkaufte. Also suchte ich nach neuen Wegen und erwarb das Zoom Hn1. So gesehen gleich wie das H5, einfach nur kompakter. Hier hatte ich den Hintergedanken der Einfachheit und gewisser Optimierung, denn das Hn1 wiegt erheblich weniger als das H5 und bei meinem schweren Koffer voller Effekte-Pedale ist das ein Pluspunkt. Uns so blieb es auch bis ich mein Setup erweiterte. Zwischendurch testete ich noch das iConnectivity Audio 4c Audiointerface. Es ist recht «gross und schwer», um wirklich mobil zu sein, funktioniert aber mit seinen USB-C-Anschlüssen sehr gut und stabil. Auf den Fotos seht ihr verschiedene Testsetups.






Synthesizer.
Mit dem Ertrag der verkauften HX erwarb ich eine gebrauchte Digitone der Firma Elektron. Ich suchte einen neuen Ansatz und fand heraus, dass Elektron äusserst dankbare Peripheriegeräte bauen (class-compliant). Just entschied ich mich für den Synthesizer und man siehe da, er funktioniert sowohl als Audio- und Midi-Interface, Effekte-Prozessor (Chorus, Delay, Reverb, Overdrive), 2-Kanal-Mixer, Sequencer und als Peripheriegerät mit iPad/iPhone. Unglaublich stabil und gut. Das wäre für mich die perfekte Lösung, wenn das Digitone einfach vier Audieingänge hätte. Das hätte mir einiges erspart. Ein Octatrack kommt mir hier in den Sinn, würdet ihr sagen. Ja, aber bis jetzt ist der OT nicht iOS kompatibel und das gilt auch für Blue- und Blackbox von 1010 Music, die ich ebenfalls besitze und entsprechend ausprobierte. Selbst das OP-1 Field funktioniert zwar als ein 1A-Audiointerface mit Midifunktion, will man jedoch den OP-1 Field bespielen und das iPad den Sound mit einem Delay oder Reverb manipulieren lassen, lässt sich die Direct Monitor Funktion leider nicht ausschalten und man hört die iPad-Effekte beigemischt. So schade!!! Wirklich. Hoffentlich passt das Teenage Engineering mit einem Firmware-Update an. Einzig das kleinste Mischpult der Welt (TX-6) mit seinem kristallklaren Klang lässt die Funktion der Aufnahme und Ausschalten der Direct Monitor Funktion zu, doch diese Funktion hat seinen Preis. Das TX-6 kostet recht viel! Synthstorm’s Deluge funktioniert zwar, das Aufsetzen ist jedoch umständlich. Hoffnung besteht jedoch. Synthstorm arbeitet auf Hochtouren an neuen Displays, die das Arbeiten erheblich erleichtern werden…
Eurorack.

In 2022 angekommen, begann ich mit dem Eurorack zu experimentieren. Das modulare Setup eröffnete mir eine ganz neue Welt voller Möglichkeiten, die ich weiter auszuschöpfen gedachte. Mit dem simplen Strymon AA.1 begann ich mein Pedalboard mit dem Eurorack zu integrieren. Das Modul arbeitet sehr zuverlässig und ist nebengeräuschfrei. Es macht nichts anderes als das Signal von modularem Level auf Line-Level runter und wieder raufzubringen. Effektiv und garantiert ohne böse Überraschungen. So kam das iPad mit dem Zoom H1n zum Einsatz. Doch es musste ja noch eine andere schickere Lösung (vor allem Platz sparende) geben und so kam ich auf das USB Audio Interface ADM09 Odio von Audio Damage. ODIO ist ein funktionelles 2-IN / 2-OUT USB-Audio Interface, welches mit Modular-kompatiblem Audiopegel arbeitet. Es wurde primär entworfen, um mit iOS-Geräten zu kommunizieren, funktioniert aber auch mit Windows- und Linux-Rechnern. Mit ODIO ist es theoretisch einfach iPad-Effekte und- Instrumente in ein Modularsetup zu integrieren. So können z. B. über einen Host, der auf einem Tablet oder Netbook betrieben wird, VST-Plug-ins als Effekte für einem Modularsystem genutzt werden. Das Gerät ist class-compliant, es werden also keine Treiber benötigt. ODIO läuft mit 10Vpp Modularpegel sowohl an Ein- und Ausgängen. Es hat keine Pegelregler, die Pegelanpassung wird intern vorgenommen. Ich dachte mir, this is it! Leider nicht ganz. Die Vorteile: 4hp und easy to use. Die Nachteile: Das Modul ist frontal nicht ganz stabil verbaut, so dass wenn ein USB-A-Kabel angeschlossen wird, mann das Modul festhalten muss, damit des nicht verbiegt. Das tut es selbstverständlich nicht, aber es ist wackleig-heikel. Und die beiden weiteren Nachteile: Das Modul ist äusserst nebengeräusch-sensibel (verzweifelnd testete ich es in drei verschiedenen Cases. Oberhalb auf dem Foto musste ich recht viele Module herausbauen, um den Störensfried auszumachen. Vergebens, das Modul surrte weiterhin.) und die Technologie ist veraltet. Audio Damage legten vor Jahren visionär ein Modul her, welches den Marktbedarf im Voraus abdeckte. Jetzt kommt der Bedarf langsam auf und die Technologie hinkt leider hinterher. Das ODIO arbeitet mit einer Bitauflösung von 16bit/44.100 – Das ist zu wenig.
Meine Nachforschungen haben ergeben, dass es bis dato kein weiteres schmuckes Modul dieser Art auf dem Markt gibt. Befaco haben etwas auf den Markt geworfen, wo ich noch nicht gänzlich überzeugt bin. Expert Sleepers haben wohl ein Interface (leider von enormer Grösse).
Fazit: Das Thema rundum die Integrationslösung und hybride Systeme kommt zunehmend auf ist ein Markt, der in 2023 populärer wird. Ich rate zur Geduld bis USB-C Anschlüsse bei Modulen verbaut werden. Das wird die nötige Auflösung und Datentranfer mitbringen und so manches vereinfachen. Glaubt mir und wartet! Ich habe enorm viel Zeit mit der Suche nach einer Lösung verbracht und es gab stets ein «ABER». Und wer weiss, vielleicht in diesem Jahr finden wir das fehlende Bindeglied zur Implementierung. Das Bindeglied, das technisch begeistert, äusserlich beeindruckt und keinerlei Wünsche und Abers offen lässt. Vielleicht sogar in einer neuen schmucken Form eines ODIO? Etwas wird bald kommen und kein Gespenst mehr sein. Dann werden wir viele schöne hybride Systeme sehen und das wahrscheinlich auch computerfrei…
Fotoquelle: Macprovideo, Dominik Grenzler